Im aktuellen Umfeld des Fachkräftemangels setzen Schweizer Unternehmen zunehmend auf kreative Ansätze, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. So hat das jurassische Uhrenunternehmen Pibor Iso die Rollen umgedreht und sich per LinkedIn bei potenziellen Mitarbeitenden „beworben“. Gleichzeitig nutzt Willemin-Macodel humorvolle Plakate in lokalen Bussen, um auf sich aufmerksam zu machen. Diese Strategie, erläutert von Marielle Houriet, Marketingverantwortliche bei Willemin-Macodel, brachte einen bemerkenswerten Anstieg an Bewerbungen. HR-Experte Stéphane Gigon hebt hervor, wie wichtig Innovation ist, um Talente zu gewinnen und zu halten, insbesondere in einem sich wandelnden Arbeitsmarkt.
Die Suche nach Talenten wird für Schweizer Unternehmen immer schwieriger, nicht zuletzt wegen der bevorstehenden Pensionierungswelle. Pibor Iso, mit Sitz in Glovelier, hat eine neue Methode gefunden: Mit einem eigenen Lebenslauf und einem Motivationsschreiben präsentiert sich das Unternehmen auf LinkedIn als potenzieller „Arbeitgeber“ und betont dabei seine 70-jährige Expertise in der Uhren-, Schmuck- und Mikrotechnik. So entsteht ein interaktiver Dialog mit möglichen Bewerbenden.
Willemin-Macodel, spezialisiert auf Bearbeitungslösungen und Robotik, verfolgt einen humorvollen Ansatz: Auf Bussen im Jura werben Plakate in lokalem Dialekt um Bewerber:innen, ein Zeichen für die lockere und offene Kultur des Unternehmens. Marielle Houriet erklärt, dass diese Aktion notwendig war, um schnell neue Fachkräfte für das rasante Wachstum zu gewinnen.
Stéphane Gigon, Geschäftsführer von Humanys Solutions, HR-Beratung in Lausanne, sieht in diesen kreativen Ideen einen wichtigen Trend. Unternehmen müssen nicht nur neue Talente gewinnen, sondern auch für bestehende Mitarbeitende attraktiv bleiben. Gigon betont, wie wichtig es ist, als Unternehmen auf Social Media sichtbar zu sein, um potenzielle Talente anzuziehen und ein positives Image zu pflegen.
Angesichts der Pensionierungswelle wird der Aufbau einer starken Arbeitgebermarke immer wichtiger. Gigon ruft KMU zu einer proaktiven Haltung auf: Die aktuelle Fachkräftesituation wird sich weiter verschärfen, deshalb muss jetzt gehandelt werden. Unternehmen müssen sich als attraktive Arbeitgeber in der „Yolo-Wirtschaft“ (you only live once) positionieren, in der Arbeitnehmende die Wahl haben.
Für die junge Generation setzen einige Unternehmen auf Arbeitsumgebungen, die das Wohlbefinden in den Mittelpunkt stellen. Beezi, eine Industriefläche in Tolochenaz, bietet etwa Coworking-Spaces, die speziell für das Wohl der Mitarbeitenden gestaltet wurden. Durrer Technik, ein KMU im Bereich Lüftungssysteme, wird erster Mieter und Botschafter dieses Ortes sein. Geschäftsführer Alexandre Vilar betont, wie wichtig Grünflächen, Fitnessangebote und nachhaltige Einrichtungen für die Gewinnung von Fachkräften sind.
Solche Strategien lassen sich jedoch leichter im Dienstleistungssektor umsetzen, wo Homeoffice möglich ist. Unternehmen müssen sich an die wachsenden Ansprüche der neuen Generation anpassen – diese wünscht sich flexiblere Arbeitszeiten und eine starke Online-Präsenz. Stéphane Gigon schliesst mit dem Hinweis, dass diese Zeit eine einzigartige Chance bietet, Kreativität und Innovation in der Rekrutierung voranzutreiben, ein entscheidender Schritt, um die Fachkräftelücke zu meistern.